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In eigener Sache, Minenfelder

Der Vegetarismus und das Internet

Heute hat Privatsprache einen sehr schönen Text zu Vegetariern und Veganerinnen im Internet veröffentlicht. Was ihn, ohne selbst davon betroffen zu sein, motiviert hat, diesen Post zu schreiben, sind der Spott und die Häme, die sich einige Internetnutzer in Bezug auf vegetarisch essende oder vegan lebende Menschen angewöhnt haben. Es ist tatsächlich so, dass scheinbar nichts so gut geht wie ein schönes Veganer-Bashing. Außer vielleicht Witzchen über die FDP.

Die vielen positiven Reaktionen auf das „Vegetarier-durch-den Kakao-ziehen“ belegen das ganz anschaulich. Obwohl ich über die Ostertage ein wenig Offline-Sein betrieb, gingen die zahlreichen „Was machen Veganer eigentlich an Ostern? Weinend in der Ecke sitzen, weil sie nicht mitspielen dürfen“- Tweets und Postings auch an mir nicht vorbei. Und sie nervten, auch aufgrund mangelnder Originalität.

Umso mehr habe ich mich über den Text von Privatsprache gefreut, den ich hiermit nachdrücklich zur Lektüre empfehle. Abgesehen von der etwas pauschalierenden Ansprache Einzelner als „das Internet“ steht da viel Lesenswertes drin. Einen wesentlichen Widerspruch aber habe ich, und der ist besser hier im Blog aufgehoben als drüben in einem ausufernden Kommentar:

Obwohl er richtig einschränkt, dass eine konsequent vegane Lebensweise aller keineswegs der Weg ist, wie wir ein friedliches Zusammenleben von Mensch und Tier nachhaltig gestalten können, und er, wieder richtig, darauf hinweist, dass die konventionelle Landwirtschaft, wie wir sie seit den 50ern betreiben, ebenfalls jede Menge Tiere tötet, kommt er zu dem Schluss, eine vegetarische Lebensweise als Ausdruck eines Nicht-Speziesismus sei einer Fleisch-essenden Lebensweise moralisch überlegen.

So schön ich es finde, das zu lesen: Ich denke, es ist falsch. Es gibt einige (wenige) Vegetarierinnen und Veganer, die eine solche Perspektive lautstark propagieren. Sie gehören zu denjenigen, die von der übrigen Gesellschaft als moralinsauer, als predigende Apostel und als Spaßverderber hingestellt werden. Gegen sie richtet sich auch ein Großteil des Spottes, wie ich in langen Jahren der Häme lernen durfte. Nein, behaupte ich kühn: Moral, auch wenn ich persönlich der argumentativen Ableitung von Privatsprache komplett folgen würde, können wir nicht festschreiben als das, was die meisten Menschen ohne Logikbruch als “richtig” hinstellen würden. Die Moral ist ebenso komplex wie das Bewusstsein eines Menschen, der seine Hunde vergöttert und es für abstrus hält, dass sie andernorts gegessen werden, aber beim Anblick eines Schweins: “Lecker grillen!” ausruft. Es wurden unzählige Versuche gemacht, dieses Verhalten zu begründen. Ich glaube, sie alle liegen falsch. Weil sie, genau wie der verlinkte Blogpost, alle von einem Konsens einer menschlichen Ethik ausgehen, die meines Erachtens so nicht gegeben ist (Was ich traurig finde, aber das tut hier nichts zur Sache).

Betrachten wir die Argumente noch einmal: Die meisten Menschen finden, man solle andere Menschen nicht töten. Ja, einverstanden. Einige wenige aber denken das überhaupt nicht, und zwar ganz pauschal. Und wieder andere, und diese befinden sich, wenn ich vorsichtig vermuten dürfte, in der Mehrzahl, finden für diese angeblich universelle Regel hunderte von Ausnahmen, weshalb es Notwehr-Gesetze, Soldaten, tötende Drohnen und zum Beispiel die Todesstrafe gibt. Allein unter den Menschen ist es also keineswegs ganz trivial, die Sache mit dem Nicht-Töten. Obwohl wir im Bereich der menschlichen Rasse heute erschreckend wenig Verwendung für Getötete haben, mehr noch:  Und das, obwohl aus ethischen Gründen bisher keine Erwägungen zur Verwendung von toten Menschen vorliegen, sprich: Wir keine etwaigen Vorteile zum Zwecke der Ernährung aus dem Töten von Menschen ziehen (dürfen). Tote Menschen kosten uns Geld und Fläche, weil wir sie nicht essen.

Dehnen wir das ohnehin etwas komplexere Problem aus auf den Bereich aller Empfindsamen (sprich: Tiere mit einem Bewusstsein von sich selbst und der Fähigkeit, Schmerz zu empfinden), mag die einigermaßen anerkannte moralische Größe: “Du sollst keine empfindsamen Wesen einfach so töten” sein. Auf eine solche Formel können sich die meisten Menschen einigen. Aber: Das Fleisch getöteter Tiere essen, um sich selbst zu ernähren, fällt gar nicht unter diese moralische Maxime. Jedenfalls nicht so ohne weiteres.

Der Mensch muss essen, und allein damit erhält das Töten von bestimmten Tieren für diese Menschen eine moralische Rechtfertigung. (Ich spreche absichtlich nicht von unserem System absoluter Überproduktion, unseren Fleischsubventionen und dem Lug und Trug am Verbraucher. Das soll hier nicht verhandelt werden.)

So weit, so … ist-halt-so.

Ist das nun „falsch“? Gesellschaftlicher Konsens ist: Töten von (bestimmten) Tieren zum Arterhalt geht in Ordnung. Noch, denn, wie wir wissen, ändert sich der gesellschaftliche Konsens im Rhythmus der Generationen. Ob das Essen von Tieren moralisch zu rechtfertigen ist, muss daher aktuell noch jede Einzelne entscheiden. Fest steht aber eines: Die angebliche moralische Überlegenheit von Menschen, die ihre Empathie auf Mittiere ausdehnen, vergiftet jeglichen konstruktiven Diskurs. Letztlich sind es genau solche Vorstellungen eines Erhebens über andere Menschen (von den wenigsten Vegetariern oder Veganern tatsächlich intendiert, nur so als fun fact), die zu dem dargestellten Spott führen. Menschen, die sich von einer oftmals nicht einmal zur Schau gestellten moralischen Überlegenheit in ihrem eigenen Tun angegriffen fühlen, reagieren darauf – und stürzen sich mit Genugtuung auf jeden Artikel zum Thema, um die Argumente „klimaschädlicher Milch“ oder „auf Regenwaldgebiet angebautem Soja“ aus dem Hut zaubern zu können, wenn endlich einmal eine Vegetarierin oder Veganerin mit am Tisch sitzt. Die muss dazu noch nicht einmal etwas gesagt haben.

Oft ist es so: Diejenigen, die Witze reißen, öffentliches Bashing betreiben oder in Begleitung eines Vegetariers quasi kein anderes Thema mehr kennen als unsere natürliche Nahrung, unsere Gebissform, unsere Hirnentwicklung durch die Zufuhr von Protein und dass sie das vorgelebte “Gutmenschtum” ganz fürchterlich nervt – sind meist diejenigen, deren Lebensweise mit ihrer eigenen Moral nicht so ganz zusammen passen will.

Alle anderen sind völlig entspannt, was ihre Nahrung angeht. Also, um den Aufruf von Privatsprache etwas abzuwandeln: Wenn Ihr, Nutzerinnen des Internet und der sozialen Netzwerke, gerne einmal Vegetarier- und Veganerbashing betreibt, lohnt sich vielleicht ein Blick auf die eigene moralische Einstellung. Dazu kann man sich verschiedener Experimente bedienen, wie zum Beispiel der Frage, warum uns einige Tierarten „essbar“ vorkommen, andere nicht. Oder wieso das Essen von Menschenfleisch eigentlich ein moralisches Tabu ist. Oder wieso Ihr es nicht witzig findet, wenn ich auf eine diffamierende Äußerung „Esst mehr Katzen“ zurückschreibe. Wer mit sich dahingehend im Reinen ist, zieht sich nicht an anderen hoch. So einfach ist das. 🙂

Wenn ich mich selbst in diesem Post gerade zu einer Verfechterin der freien Essenswahl aufschwinge, dann liegt das daran, dass ich ein großer Fan der bewussten Entscheidungen bin. Ich kann andere moralische Haltungen in Bezug auf dieses Thema akzeptieren, auch wenn sie mit meinen Wünschen von einer Gesellschaft nicht übereinstimmen.
Ich ganz persönlich würde vermutlich auch in einer perfekten Welt keine Tiere mehr essen, so lange ich in der Lage bin, mich anders zu ernähren. Wenn nicht, gäbe es selbstgeschossenes Reh, und Ihr dürftet alle zum Essen kommen. In einer perfekten Welt ist dies die bewusste und vor sich selbst zu rechtfertigende Entscheidung eines jeden. Ohne einen anderen, der abstrakt schlussfolgert, was moralisch verwerflich ist und was nicht.

Ein paar lesenswerte Posts in ganz verschiedene Richtungen zum Thema Vegetarismus verlinke ich im Folgenden.

Wer sich für den Begriff des Speziesismus interessiert, hier geht es zum entsprechenden wikipedia-Artikel.

Diesen Artikel von Alena hinsichtlich der Entfremdung des modernen Menschen von seiner ursprünglichen Verbundenheit fand ich für mich selbst sehr erhellend. Spoiler: Es geht eigentlich um den Animationsfilm. 😀

Gerne gelesen habe ich diesen Artikel bei kleinerdrei. Lucie stellt sich die Frage, warum wir eigentlich Fleisch essen. Sie verlinkt auch das Buch Tiere essen von Foer, das ich für überaus lesenswert halte.

Noch einmal kleinerdrei. Juliane über ihr Experiment, 1 Jahr auf Fleisch zu verzichten. Und was sie dabei so alles über Vegetarier als “conversation starter” gelernt hat. 🙂

Zahlen und Fakten zu so ziemlich jedem möglichen Thema für alle Interessierten gibt es beim Vebu.

Über diesen Artikel habe ich mich letztes Jahr extrem geärgert. Veganer-Bashing im Spiegel. Mein Bruder kommentierte damals „Die 90er haben angerufen. Sie wollen ihre Klischees zurück.“

Über Doppelmoral schreibt Julia in diesem Post. Es geht um die alberne Erregung wegen der getöteten Giraffe in einem Zoo in Dänemark.

In diesem Artikel wird über die Diskussion um das ethische Verständnis von Tieren gesprochen. Sehr lesenswert.

Die VegMed ist eine wirklich interessante Fachkonferenz. Auf ihrer Seite lassen sich interessante Vorträge zum Thema Vegetarismus, vor allem auch im Hinblick auf die Psyche, ansehen. In diesem Jahr, habe ich gerade gesehen, findet sie wieder statt.

Und noch einmal Alena. Hier bloggt sie über ihre Entscheidung, sich größtenteils vegetarisch zu ernähren – und warum.

Ein prima Blog für alle entspannten Vegetarierinnen und Interessierte ist unverbissen-vegetarisch.de von Claudia.

Zu Moralvorstellungen und intentionalen Fehlschlüssen schreibt Moritz hier etwas sehr Lesenswertes. Vom “Sein” kann nicht auf das “Sollen” geschlossen werden. Das gilt allerdings auch für den Umkehrschluss.

 

Update: Ein kleiner Leitfaden zur immer reicher werdenden Diskussion, und ein Link auf die neue Seite dieses Blogs. Unter Veggiekrams findet Ihr eine wachsende Linksammlung zu allen hier angesprochenen Diskussionen, sowie eine Auswahl meiner Lieblingsblogs.

In den Kommentaren werden die aus dem Blogpost zunächst ausgeklammerten Aspekte der Debatte jeweils kurz angerissen, darunter das Problem des Schwarz-Weiß-Denkens “ganz oder gar nicht”, das Problem der ethischen Rechtfertigung des Essens von Tieren, die Schwierigkeit einer konsequenten und dennoch gesunden Ernährungsumstellung bei unterschiedlicher Physiognomie. Neben dem beiläufigen Streifen vieler Argumente, die vegetarisch lebenden Menschen durchaus bekannt sind – z.B. der “Natürlichkeit” des Fleischessens als Argument und der kulturellen Komponente, die Essen im Allgemeinen schon immer hatte und die uns bereits als Kind beigebracht wird, dreht sich die Diskussion immer um den entscheidenden Punkt der Moral, und aus welcher Blickrichtung unser Tun bewertet wird, sowie vielleicht bewertet werden sollte.  Obwohl es offenbar tatsächlich so etwas wie einen Basiskonsens im Umgang mit Tieren zu geben scheint, verhalten sich viele Menschen nicht ihrer eigenen inneren Einstellung entsprechend. Vieles spricht für diese Beobachtung. Den Knoten der ethischen Bewertung bzw. der daraus folgenden Konsequenzen aber können wir nicht lösen. Die Argumente für die vegetarische Lebensweise als die “moralischere” sind gut, so wie auch im ursprünglichen Blogbeitrag von Privatsprache festgestellt. Dennoch drehen und argumentieren wir uns sehr stark um das eher als variabel wahrgenommene Konzept von “Moral” herum. Wer gerne noch etwas dazu beitragen möchte, ist herzlich eingeladen!

  1. Liebe Juna,

    das ist eine Debatte, mit der man sich in alle Ewigkeiten beschäftigen kann, zum großen Teil genau wegen der Uneinheitlichkeit der Moralvorstellungen, die du da so schön herausgestellt hast. Ich spreche deswegen bei meinen Überzeugungen auch immer von den Dingen, die ich “glaube”.

    Was ich hingegen nicht verstehen kann, ist die Schwarz-Weiß-Logik, mit der viele der Frage begegnen. Als ich noch Teilzeitvegetarierin war hab ich so häufig gehört: “Dann kannst du’s doch gleich ganz lassen.” Als gäbe es nur tägliche Steakmahlzeiten oder asketischen Veganismus. Ich will gerade denen, die sich noch unsicher über ihre eigenen Überzeugungen sind, immer sagen:

    Jedes bisschen hilft. Es gibt nicht nur Exzess oder Verzicht.

    Würde mir — besonders hier im Netz — gerne mehr Nuance im Diskurs wünschen.

    • Kommentar des Beitrags-Autors

      Ja, diesem Wunsch möchte ich mich anschließen 🙂

      Dieses Schwarz-Weiß-Ding ist ein interessantes Phänomen. Ich erinnere mich da an eine Debatte im letzten Jahr. Eine recht bekannte bloggende Veganerin aus den USA bekam massive gesundheitliche Probleme. Sie hatte wohl nie B12 zugeführt, bei wirklich streng veganer Ernährung. Sie berichtete von Depressionen über ihren Gesundheitszustand, weil sie als Veganerin “versagt” habe. Nach einer Zeit intensiver Selbstgeißelung wurde sie zu einer kleinen Fleischvernichtungsmaschine – Fleisch stellte seitdem ihre Hauptnahrung dar, und weil es ihr gesundheitlich so wahnsinnig gut ging, fing sie an, zu propagieren, alles, was sie bisher geglaubt habe, sei falsch – sie missionierte fortan in die umgekehrte Richtung und versuchte, alle Veganer zu überreden, dem “Irrglauben” abzuschwören. Psychologisch ist das alles hochinteressant …. hochinteressant. 😀

      Vielen Dank für Deinen Kommentar!

  2. Liebe Juna,

    grundsätzlich liegen wir gar nicht so weit auseinander. Ich selbst esse ja Fleisch, auch wenn ich mir dazu meine Gedanken mache. Auch ist mir Liberalismus so wichtig, dass ich niemandem vorschreibe, was er oder sie so essen solle.

    Aber mein Ding neben dem Pauschalsieren 😉 ist eben das richtige argumentieren und begründen. Und wenn ich das Thema “Fleisch essen” so ansehe, dann sehe ich eben kein valides Argument dafür, Fleisch zu essen. Auch aus deinem Text kann ich keines entnehmen. Du lehnst nur moralische Begründung ab, weil du nicht in eine moralinsaure Ecke geschoben werden möchtest.

    Aber das ist ein taktisches Argument und keines, das die Frage beantwortet: Was ist richtig?

    Als Mensch in meinem Widerspruch esse ich zwar Fleisch, genau wie ich etwa auch Kleidung trage, die nicht fair gehandelt wurde, aber wenn ich mich von “an ethical point of view” frage, ob das richtig ist, kann ich kein Argument für das Fleischessen finden…

    • Kommentar des Beitrags-Autors

      Danke Dir für Deinen Kommentar! (Und auch noch einmal für Deinen Post)
      Klar erkannt, ich selbst finde für mich in der Welt, in der ich lebe, kein Argument für das Essen von Tieren. Wie Alena bei sich ausgeführt hat, betrifft meine supermarktbeherrschte Überflusswelt aber natürlich nicht alle Menschen gleichermaßen. Und ich finde auch kein Argument dafür, einen Menschen zu töten. Ich kann mir allerdings, wie ich mir auch Situationen konstruieren kann, in denen ich Fleisch essen würde, natürlich Momente vorstellen, in denen ich das Töten eines Menschen nicht per se ablehnen würde. Das klingt jetzt sehr grausam, ist aber leider wahr. Denn was würde ich tun, wenn es zum Beispiel darum ginge, meine Kinder zu beschützen? Und das Verletzen eines Menschen, das eventuell tödlich verläuft, in Kauf nehmen müsste.
      Mit derlei Konstruktionen kommen wir in keiner Hinsicht weiter. Deine Argumentation finde ich schlüssig, wie so oft. Aber ja, wenn ich zwischen zwei Positionen wählen muss: Die eine, meine Entscheidung als moralisch überlegener hinzustellen, um vielleicht anderen meine eigene Ethik aufzubürden, und die andere, zu zeigen, dass Moral ein doch recht individuelles Konzept ist, oder sein kann … nehme ich lieber die zweite. 🙂
      Wenn Dir persönlich keine Argumente einfallen, Fleisch zu essen, freue ich mich, weil ich denke, dass Du vermutlich in der Folge immer mehr vegetarische Mahlzeiten einplanen wirst ;-). Etwa 90% unserer Gesellschaft sehen das momentan noch sehr anders und finden jede Menge Argumente, wieso wir auf keinen Fall auf Fleisch verzichten dürfen. Ob sie valide sind, darüber lässt sich genauso streiten wie über die Frage der Moral. In meinen Augen sind sie das nicht. Ginge es aber in diesem Fall nach der Mehrheitsentscheidung, gehörte ich zur unterdrückten Minderheit und müsste mich auf Toleranz berufen. Das Verhältnis ist interessant, aber es ist, wie es ist.

      Wenn Du mal etwas mehr zu Pro-Fleisch Argumenten lesen möchtest (und warum Veganismus eine Ideologie ist, die es zu bekämpfen gilt;-)), empfehle ich das Anti-Vegan-Forum. Wenn ich masochistisch drauf bin, treibe ich mich ab und an da herum. Hihi. https://www.antiveganforum.com/forum/

    • “…aber wenn ich mich von “an ethical point of view” frage, ob das richtig ist, kann ich kein Argument für das Fleischessen finden…”

      das kommt auf die Situation an, finde ich. Wenn ich z.B. mit einem lieben Freund einen Weihnachtsbesuch bei seiner 95-jährigen Oma mache, die uns stolz ihre “legendären”, extra für uns nochmal selbst gekochen Bouletten präsentiert – dann fände ich es verwerflicher, nur den Kartoffelsalat zu essen und ihr eine “warum-ich-kein-Fleisch-esse”-Diskussion zuzumuten, anstatt die Boulette zu essen!

      Ähnlich würde ich das auf Reisen sehen, wenn z.B. arme Menschen in der dritten Welt gastfreundlich sein wollen und eben DAS anbieten, was sie für das Beste für den Gast halten…

      Also immer dann, wenn die “persönliche Reinheit” höher gestellt wird als das soziale Leid, das man anderen durch Verweigerung evtl. zumutet, geht – aus meiner Sicht – die Moralfrage anders aus.

      • Jan

        Danke! Dein Kommentar macht mir noch einen anderen Aspekt der Diskussion über Moral und Ethik bewusst und zeigt erneut, dass das Verständnis häufig deshalb fehlt, weil die vegane Lebensweise auf einer unterschiedlichen moralischen Stufe angeordnet wird.

        Ich leite aus deinen Beispielen noch etwas anderes ab. Es lässt sich daraus schließen, dass Moral etwas mit Intelligenz und Intellekt zu tun hat. Denn überall da, wo wir meinen, dass dem Gegenüber unsere Sichtweise nicht verständlich zu machen ist, da sind wir geneigter abzuweichen, zurück zu weichen. Es hat so ein bisschen etwas nachsichtiges, böse gesagt auch eine versteckte Überheblichkeit, andererseits ist vielleicht auch wieder nur die Einfachheit und Bequemlichkeit hinter die sich die Moral anstellen muss.

        Wir haben schon erwähnt, dass sich Ethik und Moral sowie Idealismus häufig an der Realität zu messen haben und sich in der Regel immer wieder Situationen ergeben, in denen wir Kompromisse eingehen oder, wenn auch nur für uns selber, neu verhandeln.

        Deine genannten Beispiele sind realitätsnah und auch ich habe mir schon ein paar Mal die Situation vorgestellt, die uns vorallem das Fernsehn typischerweise für den Dschungel oder ältere Kulturen vorführt. Das Essen für den Gast aus für uns ekligen Speisen oder bestehend aus ihren eigenen, dürftigen Rationen.

        Bis jetzt war ich in keiner Situation, in der ich etwas gegessen haben, um soziales Leid zu vermeiden. Kann mir aber auch nicht vorstellen es zu tun. Ich habe schon häufiger Essen abgelehnt, dass mit Liebe und als sehr freundliche Geste extra für mich zubereitet und gereicht wurde. Für mich sind das Chancen das Bewusstsein und Nachdenken beim Gegenüber zu fördern und eben nicht aus Bequemlichkeit und falscher Freundlichkeit nachzugeben und unehrlich zu handeln. Irgendwer und irgendwann müssen eben unreflektierte Verhaltensweisen durchbrochen und gestört werden, wenn du sie ändern willst. Es gibt leider immer Gründe, warum es gerade jetzt nicht die richtige Gelegenheit dafür sei.

        Und ich denke auch nicht, dass sich Speziesismus auf der Ebene befindet, wo auch mal drüber weggesehen werden kann. Es gibt Moarlvorstellungen oder auch nur Aspekte, die sehr flexibel sind. Sehr wahrscheinlich bei jedem etwas anders. Auch hier lässt sich das meiner Meinung nach wieder damit verständlich machen, zu betrachten wie wir uns verhalten, wenn die sozialen Umstände und der von ihnen ausgehende Druck gegen unser Verständnis von Rassismus und Sexismus stoßen. Lache ich mit und gebe einen Judenwitz zum besten, wenn der Opa immer noch meint, dass Deutschland den zweiten Weltkrieg hätte gewinnen müssen? Weiß nicht, ob es das gibt, aber würde ich dann die Jungfrau des Dorfes annehmen, wenn der Stamm sie mir als Gast anbietet und sich in einer Ablehnung gekränkt fühlt?

        Es ist nicht die Moral an sich, die hier zur Diskussion steht, sondern wie stark eine Überzeugung in uns ist bzw. für wie wichtig und grundlegend wir selber sie erachten. Viele können nicht nachvollziehen, warum man sich so ziere einmal ein Stück Fleisch zu essen, aber wir bewegen uns hier nicht auf der Ebene von Geschwindigkeitsübertretung auf der Autobahn.

        Wäre die Oma auch gekränkt, wenn du nur die Bouletten isst und den Kartoffelsalat verweigerst, weil du gegen eine darin enthaltene Zutat allergisch wärest? Und was wäre mit den gastfreundlichen, armen Menschen, wenn wir ihr Geschenk aus (akut) gesundheitlichen Gründen ablehnen müssten?

        Wenn wir erachten würden statt der persönlichen Reinheit aber die persönliche Gesundheit dem sozialen Leid überzuordnen, dann ergibt sich daraus auf jeden Fall schon einmal, dass dieses soziale Leid keinen unveränderlichen Stellungswert hat, zumindest nicht den höchsten. Und dann wäre auch wieder individuell, wo du sie innerhalb deiner Moral anordnest.

        Es tut mir leid, dass ich mich nicht kürzer fassen kann 😉

        • Ich hab gar nichts gegen lange Texte, im Gegenteil! 🙂

          ” Für mich sind das Chancen das Bewusstsein und Nachdenken beim Gegenüber zu fördern und eben nicht aus Bequemlichkeit und falscher Freundlichkeit nachzugeben und unehrlich zu handeln.”

          Huch, da stecken so viele Wertungen drin, die man erstmal teilen muss – oder eben nicht. Ich finde es z.B. fast arrogant, eine 95-Jährige noch belehren zu wollen, dass sie ihr ganzes langes Leben lang “ethisch unkorrekt” gegessen hat! (Das Beispiel IST aus dem Leben).

          “Irgendwer und irgendwann müssen eben unreflektierte Verhaltensweisen durchbrochen und gestört werden, wenn du sie ändern willst.”

          Ich will (und kann) diese Frau nicht mehr ändern! Vor ihr habe ich Respekt wie vor einem alten Baum, den ich auch nicht einfach fälle, weil er nicht in die aktuelle Vorstellung von einem “guten” Ökosystem an dieser Stelle passt (auch das ist aus dem richtigen Leben).

          “Es gibt leider immer Gründe, warum es gerade jetzt nicht die richtige Gelegenheit dafür sei.”

          Nein, gibt es nicht. Warum glaubst du das? Das gilt nur für Menschen, die ein Problem mit ihrer eigenen “Fleischeslust” haben und deshalb Gelegenheiten suchen, um eine “Entschuldigung” bzw. Rechtfertigung zu finden. Dem hab ich immer schon einen Riegel vorgeschoben, indem ich mir ERLAUBT habe, wenns denn sein muss ohne irgend eine Rechtfertigung, bei voller Einsicht in die “Falschheit” dieses Tuns, mir ein Steak zu bestellen, wenn ich meine, dass ich mich ohne jetzt unglücklich mache.
          (ich bin keine “Veganerin”, sondern ERNÄHRE mich weitgehend vegan). Das entlastet mich von irgendwelchen psychischen Tricks – und ich kann mir sicher sein, dass ich – selten genug – gute Gründe habe, wenn ich aus “sozialen Aspekten” doch mal die Boulette nehme.
          Im weiteren hab ich dieser alten Frau ja dann doch erzählt, dass ich eigentlich… und an einem anderen Tag hab ich ihr selbstgemachte Sojaschnitzel (Wiener Style) mitgebracht, die sie ihrerseits freundlich verspeist hat (hinterher wurde mir berichet, dass sie kaum verstehen konnte, wie man “sowas” essen kann… nun ja, ihr Geschmack ist auch nicht mehr so richtig DA…)

          Die “Allergie” ist im übrigen auch eine Ausrede, die das Thema vermeidet. Glaubt mir nur keiner, der mich der Vergangenheit schon ins Steakhaus eingeladen hat – in Vor-Veggie-Zeiten.

          Die persönliche Gesundheit ist für mich genau wie die “Reinheit” ein Wert, der einen egoistischen/egozentrischen Touch hat, wenn “immer und überall und 100%ig” durchgezogen. Meine Moral in diesem Kontext ist eben KEINE Frage der INTELLIGENZ, sondern eine des Herzens. Für Tiere – aber auch für Menschen.

          • Jan

            Dann kommt hier Nachschub 🙂

            Stimmt, ich habe das Verhalten gewertet und auch noch negativ, obwohl die Absicht dahinter eine gute ist.

            Ich würde nicht belehrend und vorschreibend an die Sache herangehen. Die Chance des Denkanstoßes besteht bereits in der eigenen Handlung. Somit würde ich also die Speise unkommentiert ablehnen und erst bei Nachfragen darauf eingehen.

            Unabhängig davon finde ich aber ein hohes Alter nicht zwangsläufig repekteinflößend. Alt werden wir von alleine und nur weil ich etwas viele Jahre lang gemacht habe, muss ich eine Sache nicht gut oder richtig gemacht haben. Ich könnte spontan keine Position dazu beziehen, ob ein hohes Alter generell eine beachtliche Eigenleistung ist, die Ansehen erfordert. Wir haben es natürlich zu einem gewissen Anteil in der Hand, wie stark wir unsere Gesundheit und unser Leben riskieren, aber Respekt macht für mich deutlich mehr aus als den zwangsläufigen Naturgesetzen zu folgen 🙂

            Dein Beispiel mit dem Baum finde ich gut, es berührt emotional und weckt bei mir Zustimmung. Je länger ich drüber nachdenke umso mehr verwischt mein klarer Zuspruch aber. Steckt in der Argumentation die Überzeugung von der Höherwertigkeit von altem Leben? Gibt es dazu auch einen Ismus? 😉 Warum sollten wir uns gegenüber altem respektvoller verhalten als gegenüber jungem? Wenn es in Ordnung ist junge Bäume zu fällen, dann liegt auf der Hand das alte Bäume selten sind.

            Wäre noch interessant zu überlegen, ob Ethik auch rückwirkend gilt? Wenn mein Verhalten in meiner Jugend ethisch korrekt war und sich die Ansicht und Einschätzung in meinem Erwachsenenalter ins Gegenteil gedreht hat, habe ich mich dann von heute aus betrachtet früher ethisch richtig oder falsch verhalten?

            Ich hatte weitestgehend die Absicht mich allgemein zu fassen. Es geht mir um das Ändern der Verhaltensweisen und nicht das Ändern dieser Frau. Und somit bezog sich auch die Nennung von Gründe für den falschen Zeitpunkt nicht auf die Änderungsabsicht einer bestimmten Person, sondern darauf selber diesen Wandel anzugehen und dafür einstehen.

            Im Prinzip kritisiere ich damit die Möglichkeiten und Vielfalten von Ausreden. Für den sozialen Frieden oder warum auch immer zurückzuhalten, einzustecken und nachzugeben. Aber damit sind wir wieder bei den Kompromissen und den individuellen Moraleinstufungen. Letztendlich wollte ich deiner These widersprechen, dass es eindeutige Sachverhalte gibt, die für jeden zur gleichen Einsortierung führen und dass die eigene Moralvorstellung auch kein geeignetes Werkzeug dafür ist zu bewerten, ob jemand herzlich ist und handelt oder nicht.

            Abschließend sind wir dann wieder dabei, dass die vegane Lebenseinstellung und deren Durchsetzung nicht aus Egoismus erfolgt. Dem Tier ist nicht mehr geholfen, wenn ich die Boulette nicht esse, dafür setze ich den sozialen Frieden aufs Spiel. Wäre es nicht egoistischer für meine Ruhe und meine Ansehen beim Gegenüber wenn ich mime, dass alles in Ordnung ist?

            (Es gäbe auch noch Gründe wie Ekel, die dazu führen keine toten Tiere mehr zu essen. Wäre es eher negativ zu betrachtender Egoismus diesen nicht überwinden zu wollen?)

            Für mich ist deine Argumentation am Ende etwas verschwommen, ich kann sie nicht ganz nachvollziehen. Warum konntest du es der alten Frau hinterher aber nicht vorher sagen? Was hat dich dazu bewegt? Schlussfolgere ich richtig, das du jede fleischige Speise isst, die dir jemand mit Liebe und von Herzen serviert?

  3. Jan

    Hallo und Danke für den Hinweis auf die Privatsprache sowie deine eigenen Gedanken.

    Ich fühlte mich bereits berufen nebenan zu kommentieren und sehe nun, dass ihr hier eine Unterhaltung führt. Dann steige ich auch hier ein, vielleicht teilweise überschneidend, mal sehen.
    Interessant, dass die mangelnde Kreativität und Originalität nun auch schon außerhalb der Zielgruppe als nervend empfunden wird. Ich schaffe da nur noch maximal ein Gähnen.

    Dass die Einschränkung (konsequente vegane Lebensweise nicht möglich) richtig ist, wäre noch zu beweisen. Ich finde es gewagt das einfach so als gegeben hinzustellen, weil es auch mehr die eigenen Grenzen im Kopf festigt als etwas über die tatsächliche Realisierbarkeit aussagt. Allein die Aussicht auf ein friedliches Zusammenleben wäre es schon wert der Idee mit konkreteren Prüfungen nachzugehen, wenn dies nicht sogar schon einmal gemacht wurde.

    Der Widerspruch in unserer Bewertung der Tiere nach Art wird unter dem Begriff Karnismus zu erklären versucht. Weitere Infos dazu an gewohnten Stellen oder über die Suchmaschine des geringsten Misstrauens. Hier spielen weniger aus sich selber heraus wirkende Ethik oder Moral eine Rolle als viel mehr Erziehung und Kultur. Und diese festigen auch die Überzeugung Tiere und deren Produkte essen zu müssen, was wieder einen stärken Antrieb bietet dieses Verhalten aufrecht zu halten.

    Meiner Meinung nach wird die Bemühung eines missionarischen Veganers falsch verstanden. Es geht nicht um die moralische Überlegenheit gegenüber anderen Menschen, denn das bringt den Tieren nichts. Der Veganer sieht sich selber als überlegener und fortgeschrittener als sein früheres Ich und ist bemüht darum, dass auch seine Mitmenschen sich moralisch weiterentwickeln. Aber nicht um sich miteinander zu messen, sondern um gemeinsam Leid zu beenden. Es mag Ausnahmen geben, aber die Mehrheit wählt diese Lebensweise nachweislich aus ethischen/tierrechtlichen Gründen, aus Mitleid und mit dem starken Bedürfnis die Situation zu verändern. Wir gewinnen nichts, wenn wir bewundert, respektiert oder sonst wie höherwertig betrachtet werden. Es geht darum, dass jeder Karnist den Sachverhalt mit Herz und Verstand durchdringt, um sich an der Veränderung und Verbesserung der Lage zu beteiligen. Die persönliche Situation ist vielleicht nur nachvollziehbar, wenn sie selber durchlebt wurde und ist in der Form ja auch eher einzigartig. Du kommst zu der Erkenntnis, dass du bislang in deinem Leben falsch und grausam gehandelt hast (egal, ob das nun objektiv auch wirklich so ist) und wirst dir nun all des Grauens vollständig bewusst und siehst um dich rum, wie all deine Mitmenschen dieses Grauen weiter betreiben. Kein Wunder, dass gerade frische Veganer wie weinerliche bis nervige Moralapostel wirken, oder? Wie kann es uns nicht ständig aufs neue erschrecken, wenn das einzige Argument, das letztendlich bleibt, lautet, dass es uns schmeckt. Das öffnet Tür und Tor zu ethisch und moralisch fragwürdigen Handlungen nur zum eigenen Genuss. Ich finde nachvollziehbar, wenn jemand nur noch Fleisch und Co isst, weil es ihm schmeckt, ängstige mich aber gleichzeitig davor zu sehen, wie so eine einfache (emotionale) Programmierung auf ein Verhalten selbst unsere eigenen Moralvorstellungen unterdrücken kann.

    Und da bei Privatsprache schon die Dreierkette erwähnt wurde, Speziesismus, Rassismus, Sexismus, will ich auch Einspruch erheben, dass es halt so is und wir abwarten müssten und solange noch jeder selber entscheiden können müsse. Wer also versteht, warum wir es nicht hinnehmen können, dass wir Leben aufgrund der Hautfarbe abwerten oder Leben aufgrund des Geschlechts abwerten, der mag auch verstehen, warum wir es nicht hinnehmen Leben aufgrund von Anzahl der Beine und ähnlichem abzuwerten. Aus Sicht eines Tierrechtlers ist es so selbstverständlich und indiskutabel sich für einen humanen Umgang mit Tieren einzusetzen, so wie es für viele, wenn leider auch noch längst nicht alle, selbstverständlich ist, sich gegen Sexismus und Rassismus zu positionieren. Und mit humanem Umgang meine ich nicht einen menschenähnlichen, sondern eines Menschen würdigen. Mit Respekt und Achtung davor, dass jedes Lebewesen ein Bestreben nach Freiheit und Selbstbestimmung, vorallem aber Unversehrheit und Leben hat.

    Die Behauptung die Wahl des Essens sei Meinungsfreiheit und jedem selber überlassen, ist weder praktisch noch gesellschaftlich haltbar. Zum einen können wir heute schon nicht jedes Wesen verzehren, das wir wollen, zum anderen beeinflussen wir mit unserer Essenswahl neben Naturzerstörung und Tierleid auch soziale Ungerechtigkeit und Ausbeutung unter Menschen.

    Ich teile deine Einschätzung, dass die Aggression aus dem eigenen moralischen Konflikt eines Karnisten entsteht und allein durch die Anwesenheit eines Vegetariers/Veganers ausgelöst wird.

    • Kommentar des Beitrags-Autors

      Hallo Jan, und danke für Deinen Kommentar hier.

      Ich kann das, was Du sagst, sehr gut nachvollziehen, und es deckt sich mit meiner persönlichen Meinung über das Essen (oder Instrumentalisieren, oder Anziehen) von Tieren. Die meisten Menschen, die vegetarisch oder vegan oder, wie ich, irgendwie dazwischen, leben, haben vermutlich ähnliche Gründe dafür, und teilen ähnliche moralische Vorstellungen. Wichtig aber waren mir bei der Debatte die folgenden Punkte (und ich sah hier etwas, das noch nicht so zu Tode diskutiert wurde wie viele, die meisten, der anderen Argumente auf beiden “Seiten”, wenn man so will):
      1. So wie Du es schreibst, sehe ich es auch: Viele frische Vegetarier und Veganer empfinden es als großen Zugewinn, fühlen sich selbst wie eine Art verbesserte Version und reden auch tatsächlich gerne darüber (Die meisten allerdings nicht ungefragt ;)). Einiges davon wird als missionarisch missverstanden, manches ist vielleicht tatsächlich ein wenig missionarisch gemeint. Ich habe mich ein Jahr lang für den veggieday eingesetzt, ist sicher auch ein bisschen missionarisch. Wir wurden mitunter mit Nazis verglichen. Das ist nur im Nachhinein ganz amüsant 🙂 ABER: Das eine ist die innere Haltung, das andere die äußere Wahrnehmung. Es gibt dazu tolle Texte, unter anderem auf Claudias Blog Unverbissen vegetarisch, die genau dieses Problem des Essens als eine Art persönlichen Raum sowohl als auch als ein Statement beleuchten – und erklären, warum sich manche Menschen angegriffen fühlen. Und wie ich oben bereits schrieb: Das kann sehr destruktiv werden. Also sollten wir die Diskussion zu unser aller Nutzen lieber “Moralfrei” halten.
      Das 2. ist ein Problem, das eigentlich jegliche Debatte unter Menschen betrifft. Auch Du überträgst die eigene Ethik auf alle Menschen. Das ist einer inhärenten Überzeugung geschuldet, dass, wenn jeder Mensch die Argumente kennen würde, die wir kennen, sich auch jeder so entscheiden müsste wie wir. Hier begehen wir alle einen intentionalen Fehlschluss, wie Moritz von laute-irrt schreiben würde (den verlinke ich oben noch). Denn zunächst nehmen wir an, das Gegenüber sei schlicht unwissend. Es müsse nur aufgeklärt werden. Ist das Gegenüber aufgeklärt, aber dennoch anderer Ansicht, nehmen wir an, es sei dumm. Ist das erwiesenermaßen nicht der Fall, gehen wir zu Annahme 3 über: Das Gegenüber ist böse, sprich: Es hat keine Moral.

      Auf diesen Irrtum wollte ich hinaus, indem ich oben erläuterte, dass die Annahme einer Art allgemeingültigen Ethik, auf die sich die meisten einigen können, leider nicht hinhaut. Wie Du sagst, der Karnismus (das Wort mag ich eigentlich nicht so gerne, aber nun) ist vor allem kulturell bedingt. Wie Privatsprache sagt, es gibt eigentlich keine (in meinen Augen) validen Argumente für das Essen von Tieren. Aber wieder ABER: Die Welt, in der wir leben, ist eine fleischessende Welt. Mittlerweile sind vielen Menschen die Umstände der Fleischproduktion klar, auch der Fakt, dass sie auch für Menschenleid und soziale Ungerechtigkeit verantwortlich sind. Von der ökologischen Katastrophe, die die Massentierhaltung mit sich bringt, ganz zu schweigen. Und weißt Du, was die schlimmste Wahrheit für Menschen wie uns ist, die wir akzeptieren müssen? Den meisten dieser Menschen ist das egal. Punktum. Ihnen ist es egal. Weil dieses Egal-Sein gesellschaftlich nicht allzu anerkannt ist, gibt es die Workarounds: Vegane werden krank, weil ihnen Proteine fehlen, deine Milch ist auch klimaschädlich, Du solltest Dich besser um die Kinder in Afrika kümmern, Gott hat uns die Erde untertan gemacht …. alles schon tausendfach gehört, oder?
      Ehrlich wäre zu sagen: “Mir ist das wurscht, ich will das essen, ich bin Teil der überlegenen Spezies dieses Planeten und damit basta.” Nicht jeder Mensch fühlt in gleichem Maße Empathie, sowohl für seine Mitmenschen, als auch für seine Mittiere. Oder er fühlt sie sehr selektiv. Ist er deswegen tatsächlich moralisch verwerflich? Nach welchem Maßstab?
      Ich könnte mir vorstellen, dass es irgendwann einmal nicht mehr normal ist, Fleisch zu essen. Zum Beispiel, weil die Subventionen gestrichen werden und es einfach zu teuer wird. Dann wird die Frage nach der Moral wieder richtig interessant. Vorerst stelle ich immer wieder fest: Sie hilft bei rein gar nichts.

      Dann wäre da noch die Frage nach der freien Entscheidung: Doch, die Essenswahl ist in der westlichen Welt, in dem Überfluss, in dem wir leben, die freie Willensentscheidung jedes Einzelnen. Was sollte sie sonst sein? Und wer sollte ein nationales Essensdiktat wohl treffen? Wir, die nicht-fleischessende Minderheit? Wohl kaum! Stell Dir vor, die ca. 88% Fleischesser in Deutschland finden, alle Vegetarier sollten nun wieder Fleisch essen. Weil sonst das deutsche Massentierhaltungssystem zusammenbreche. Uah!
      Wo ich Dir wieder zustimmen würde, ist, wenn Du schreibst, dass mit einer solchen Entscheidung eine soziale und ökologische Verantwortung einhergeht, die wir uns gut überlegen sollten. Aber am Ende ist es die individuelle Moral, die unsere Entscheidung stützt: Ob mir etwas persönlich egal ist, oder eben nicht. Zumindest ist dies NOCH der Fall. 🙂

      • Kommentar des Beitrags-Autors

        Noch eine Ergänzung zu dem sehr hart klingenden “Es ist ihnen egal”: Ihr vergleicht den Speziesismus beide mit Rassismus und Sexismus, und ich denke, das ist auch in diesem Fall anschaulich machbar: Es gibt Menschen, die denken, dass sie ihre Privilegien allein durch ihre Geburt verdienen. Immer noch, und es wird sie wohl immer geben. Soll heißen, so wie es weiße Menschen gibt, die denken, sie seien durch die Gnade ihrer Geburt höher gestellt als Menschen anderer Hautfarbe, gibt es Männer, die Frauen als das minderwertige Geschlecht sehen, und Menschen, die es als als ihr Privileg verstehen, zu konsumieren, und als ihr Recht, dass dafür andere Lebewesen ausgebeutet und getötet werden. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit war das sogar alles noch mehrheitsfähige Meinung. 🙁
        Vielleicht schaffen wir es irgendwann als Gesellschaft, zu verstehen, was Albert Schweitzer gemeint hat, als er sagte “Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.” Das werden wir allerdings nicht durch bestimmte Vorstellungen von Moral erreichen, sondern durch Verständnis, Mitgefühl und Liebe.
        So, genug der mytwocents. Ich freue mich auf Erwiderung! 🙂

        • Jan

          Das sieht mir nach einer angenehmen Diskussion aus, an der ich mich gerne weiter beteilige. Leider ist sie auch sehr umfangreich und so werfe ich weitere Gedanken und Erwiderungen in die Runde.

          Das was du in deinem Punkt 1 ansprichst, ist mir bewusst. Es ist offensichtlich, dass Essen einen Großteil unserer Persönlickeit und Kultur ausmacht. Kaum etwas sticht beim Vergleich verschiedener Regionen, Nationen, Volksgruppen, Kulturen so hervor wie die jeweilige Art und Weise des Essens mit allem was dazu gehört. Und genauso ist unser Leben damit durchzogen, dass wir emotionale Bindungen zu Essen aufbauen und sich das gesellschaftliche Leben rund ums Essen abspielt. Zentrales Ereignis aller Feierlichkeiten sind die Speisen, wir treffen uns zum Kaffee oder im Restaurant oder zum Grillen usw. Und selbst wenn es nur der Fernseh- oder Spieleabend ist, gehört irgendeine Art von Essen dazu. Darauf gründe ich auch meine Behauptung für eine eher bedingt vorhandene Willensentscheidung. Natürlich können wir jederzeit sagen, dass wir etwas mögen oder nicht mögen, aber von all dem, von dem sich die Menschheit als Essen bedient, wachsen wir mit einer sehr geringen Auswahl auf, die hauptsächlich durch den Speiseplan der Eltern bestimmt wird und weitest gehend durch das Angebot in unserem Wohnraum und Wirkkreis beeinflusst ist. Du wirst von Kleinauf an bestimmte Geschmäcker gewöhnt, du lernst, dass es zu bestimmten Situationen bestimmte Gerichte gibt usw. Bei uns sind Hund und Katze zum Kuscheln und Insekten zum Ekeln. Das Essensdiktat gibt es in soweit, dass du dir nicht offenkundig und ungestört ein Hundesteak zubereiten kannst oder Katzengulasch. Dürftest du Hamsterburger verkaufen?

          Mir ist bewusst, dass Wissen und Information allein nicht ausreicht, um die richtigen oder nennen wir es schlüssige Konsequenzen zu ziehen. Egal bei welchem Sachverhalt. Der letzte Tropfen kommt in Form eines inneren Wandels, den ich für nicht bewusst und gezielt herbeiführbar halte, der sich oft nicht einmal rückwirkend erkennen lässt. Ich stimme dir zu, dass vielfach das Nichtumsetzen von Wissen als dumm oder böse angesehen wird, aber wie in meinem ersten Kommentar erwähnt ist es etwas anderes. Und es ist auch nicht nötig meine Vorstellung von Ethik und Moral anzusetzen, weil sich eben zeigt, dass die meisten an ihren eigenen Maßstäben scheitern.

          Frag die Menschen, ob sie es in Ordnung finden, unter welchen Umständen heutzutage produziert wird und sie verneinen. Sie setzen ihre Werte an. Danach gestehen sie bedauernd, dass sie diesen aber selber nicht gerecht werden können, aus den unterschiedlichen Gründen und häufig eben auch nur aus leicht verfügbarem Genuss. Es ist in meiner Sicht aber weder Dummheit noch Boshaftigkeit. Und es ist den meisten Menschen auch nicht wirklich egal. Es ist die Bequemlichkeit und das Verschieben der Verantwortung, auch ein bisschen Neid und die Angst benachteiligt zu werden. Angeblich sind alle dafür, dass die Politik schärfere Gesetze und strengere Regeln aufstellen solle, die Wirtschaft sich moralischer und ethischer verhalten möge. Dass sich Veränderungen viel leichter und schneller durch eigene Tätigkeit umsetzen lässt, wird verdrängt oder nicht bedacht. Der Teil, der sowohl gleichgültig ist oder behauptet auch selber Tier zu töten, ist in meiner Einschätzung eher gering. In vielen Fällen sehe ich da auch andere Muster als eine tatsächlich tiefere innere Überzeugung.

          Ich weiß nicht, ob sich der Diskurs moralfrei führen lässt und ob das Übertragen oder Hervorheben der eigenen Ethik verkehrt ist? Ich bin auf dem Standpunkt, das alle sachlichen Themen gegen die Tiernutzung sprechen. Selbst wenn dem nicht so wäre, halte ich eine Erörterung unserer Ethik für spannend. Nähmen wir an, dass wir uns alle nach reichlicher Forschung darauf verständigt hätten, dass es für Gesundheit, Umwelt, meinetwegen auch Wirtschaft egal wäre, ob wir Tiere nutzen oder nicht, wäre es dann ethisch korrekt, moralisch gerechtfertigt? Wie würden wir die Erörterung vernünftig angehen und was wären die Kriterien?

          Das sind ja beides Werte, die wir ständig neu verhandeln und so kann die vegane Bewegung auch so gesehen werden, dass hier eine Gruppe einbringt, dass wir unsere Ethik anpassen sollten und scheitert aus unterschiedlichen, nun schon mehrfach genannten Gründen, die Debatte in breiter Maße auf ein angemessenes Niveau zu bringen.

          Wir sehen, dass sachliche Argumente nicht sofort, wenn überhaupt helfen und wenn auch oft nur zu einer Abwandlung oder Verschiebung führen. Im Fall der Tierverwertung meine ich, dass es dann Techniken gibt, die versuchen die Umweltprobleme zu reduzieren, was aber an der Tierverwertung nichts ändert. Oder im Falle der Gesundheit dann angefangen wird weniger rotes und dafür mehr weißes Fleisch oder Fisch zu essen, oder statt Fleisch mehr Käse. Und statt dass wir die Arbeiter in den Schlachtbetrieben ausbeuten, zahlen wir ihnen Mindestlohn. Wird von der Bewegung, die aus ethisch motivierten Menschen besteht, nicht als Fortschritt gesehen.

          Deshalb bin ich der Meinung, dass wir Probleme eher auf ethischer Ebene angehen sollten, denn wenn sich dort die Meinung ändert, erübrigt sich auch alles nachgelagerte.

          Gut, ich habe selber auch schon ausgeführt, dass selbst eine passende moralische Einstellung nicht ausreicht auch an diese angemessen zu handeln, aber das mag auch am Stellenwert und Umgang mit moralischen Anliegen und ethischem Befinden liegen. Es sind nahezu Schimpfwörter, die eine Wirtschaftsfeindlichkeit beinhalten. Wer “korrekt” ist, ist eine Spaßbremse, ein Gutmensch, ein Ökospinner usw.

          Woraus ergeben sich Moral und Ethik? Du schreibst, dass stattdessen Verständnis, Mitgefühl und Liebe notwendig sind. Geht das vielleicht nicht auch einher? Ich denke schon, dass auch jemand, der gerade das eingeschweißte Billigschnitzel aus der Kühltheke nimmt und bei anschließender Konfrontation ernsthaft Mitgefühl äußert und Verständnis dafür hat, dass sich Menschen gegen diese Zustände einsetzen.

          Der Kreis der Gegner, die am Ende tatsächlich als solche übrig bleiben ist klein und wird kleiner. Die Reaktionen zeigen doch zunehmend, dass für den Veganismus auf ethischer Ebene Verständnis besteht. Woran liegt es außerdem, dass es offensichtlich mehr und mehr Menschen werden, die sich für ein veganes Leben entscheiden, aus ethischen Gründen? Alle manipuliert oder überredet oder doch aus eigenem Antrieb und Überzeugung? Und wenn sich dieser Grund dauerhaft und immer wieder als stärkste Motivation feststellen lässt, beweist das nicht, dass die Argumentation in der Richtung nicht doch die beste Wahl ist? Vorallem ist es für einen Wandel/eine Veränderung auch am nachhaltigsten, wenn sie aus einer inneren Einsicht, emotional erfolgt als aus sachlichen, abstrakten Argumenten.

          Karnismus mag nicht das beste Wort sein, aber einer Normalität einen Namen zu geben, enthebt sie ein wenig ihrem Status und zeigt, dass sich dahinter auch nur irgendein Ismus befindet, der überwunden werden kann.

          • Kommentar des Beitrags-Autors

            Danke für Deine Ausführungen, nach denen ich den Eindruck habe, besser zu verstehen, aus welcher Richtung Du schaust. Das, was Du mit der inneren Haltung bzw. dem inneren Wandel beschreibst, meinte ich. Ja, da spielt Ethik eine große Rolle, insofern könnte man tatsächlich sagen, mein Mitgefühl und Deine Moral gehen hier Hand in Hand ;-). Nur: Wir sprachen die ganze Zeit von einer Art moralischen Skala, auf der die eine Haltung “moralischer” sei als die andere – und ich frage in diesem Zusammenhang nach dem Maßstab, nach dem, der das beurteilt, und aus welcher Blickrichtung er das tut. Das Vorhandensein einer individuellen Moral, die Vorstellung eines bestimmten Verhaltens als “falsch”, obwohl wir doch alle nicht als Vegetarier geboren werden, sondern eben als, mit Deinen richtigen Einschränkungen, Allesesser dessen, was kulturell gerade akzeptiert ist, ist ja für die meisten Menschen der Motor, sich von diesem Verhalten eben so gut es für sie individuell geht, zu verabschieden. Wir müssen aber genauso akzeptieren, dass sich viele Menschen wohl nicht ändern werden. Und das nicht nur aus Bequemlichkeit oder Gewohnheit. Sondern zu einem ganz entscheidenden Teil aufgrund einer anderen inneren Einstellung. Können wir von ihnen erwarten, sich zumindest mit zu engagieren, wenn es um die schrittweise Abschaffung der Massentierhaltung geht? Das Quälen von Tieren immerhin, und da stimme ich Dir zu, ist ein allgemein nicht akzeptiertes Verhalten. Vielleicht können wir Unterstützung erwarten. Vielleicht auch eine gewisse eigene Reflexion, bewusste Entscheidungen, das Hinterfragen von zB. Veganerbashing – so hatte ja auch der Post von Privatsprache ursprünglich angefangen – aber ich bleibe dabei (und Du formulierst das am Ende Deines letzten Kommentars ja ganz ähnlich): Eine Art propagierter Moral”konsens”, dem sich nach Möglichkeit alle anschließen sollten, führt im schlimmsten Fall zu Abwehrreaktionen, die wir, als ewige Spaßbremsen der Gesellschaft verschrien, ja bereits zur Genüge kennen. So bleibt das, was Du als innere Einsicht bezeichnest, und ich, etwas ergebnisoffener, bewusste Entscheidung nenne. Ich würde mich sehr freuen, wenn Deine zuversichtlichere Haltung sich über die nächsten Jahrzehnte als richtig herausstellt. 🙂

            Es sind eigentlich zu viele Punkte, um sie in brauchbarer Weise in nur ein, zwei Kommentaren zu besprechen, also warte ich an dieser Stelle, was Ihr noch so in den Raum werfen wollt. 😀

          • Jan

            Offenbar haben wir nun eine Diskussionsebene erreicht, die mir nicht mehr ermöglicht dir zu antworten. Also mache ich das eine Etage höher.

            Eine weitere Erkenntnis, die wir da nochmal gesondert hervorgearbeitet haben. Nicht unbedingt neu, aber auch nicht offensichtlich: Es ist wichtig in Erfahrung zu bringen von wo die Diskussionsteilnehmer kommen und wohin sie wollen und manchen sind es nur die Worte und nicht die Haltung, die eine Differenz erscheinen lassen.

            Die moralische Skala zu ignorieren oder nicht zu verwenden stelle ich mir schwierig vor bzw. gelingt das wohl auch nur, wenn wir für uns selber gerade eben diese Moral anlegen. Es ist wohl anzunehmen, dass wir uns persönlich in der Weise entwickeln, dass wir moralischer im Vergleich mit uns selber werden. Und das bedeutet ja die eigene Grenze von gut und böse, richtig und falsch zu verlegen. Zwangsläufig sehe ich die Tat eines anderen als schlecht an, wenn ich dieses Verhalten für mich selber als schlecht bewerte. Oder wäre es realistisch zu sagen, dass wir uns dem entziehen können?

            In dem Zusammenhang fällt mir noch die Forderung nach Toleranz ein, die ja gerne ausgesprochen wird. Ich schreib dir dein Essen nicht vor also schreib du mir auch nicht meins vor. Dies scheitert daran, dass der Tierrechtler die Speisenwahl eben nicht als persönlichen Charakterzug sehen kann, weil ihre Auswirkung deutlich in anderer Wesen Belange eingreift. Umso komplizierter, wenn die andere Seite sich die völlige Willkür im Umgang mit Tieren zuspricht. So ist ein Konsens schon auf einer unteren Ebene nicht möglich und die darauf gelagerte Auseinandersetzung schwer möglich. Da ist weniger ein Vorwurf als viel mehr eine Feststellung.

            Als was wir geboren werden wäre noch mal eine andere Sachen, aber dieses Argument soll ja jetzt weniger eine Rolle spielen. Die Prägung beginnt wie gesagt nach der Geburt durch das Umfeld und wird dann zum Teil von uns.

            Ich habe zumindest akzeptiert oder entschieden, dass es nicht meine Aufgabe ist oder in meiner Veranwortung liegt anderen ihre Werte und Verhaltensweisen vorzuschreiben. Ich teile meine Ansicht auf Anfrage oder da wo es in den Kontext passt mit und lebe dementsprechend, was dann bedeutet möglichst all das zu tun oder nicht zu tun, was sich mit meinen Vorstellungen deckt. Der Weg führt für mich also über das passive Demonstrieren. Ich zeige wie gut und einfach und zufrieden ich leben kann, wenn ich wirklich dem folge, was ich meine und nehme somit vielleicht etwas Angst oder gebe die Perspektive es auf seine Weise nachzumachen.

            Ich kann aber auch sehr gut jeden verstehen, der es für richtig hält aktiv vorzugehen. Es sind nun einmal Zustände, die sekündlich einen hohen Preis fordern und es gibt unzählige betroffene, denen das Warten auf die menschliche Vernunft oder Nächstenliebe oder ethische Entwicklung das Leben kostet. Und wenn des einen Freud des anderen Leid ist, dann ist für manchen eindeutig, wo angesetzt wird.

            Wir richten uns ja in der Regel entsprechend unserer Ansichten und Einstellungen aus und in meiner Wahrnehmung sind die Tendenzen positiv. Mir ist aber bewusst, dass es genug Flecken gibt, die ich betrachten könnte, um einen anderen Eindruck zu erhalten.

            Jetzt wäre mal die Aufgabe aufzubereiten, was wir hier so schön ausgearbeitet haben. Ist immer recht abschreckend sich im Anschluss noch in so einen Diskurs einzulassen, wenn so ein Haufen an Text davor liegen. Wer weiß, vielleicht könnte es an anderer Stelle brauchbar sein.

          • Wow, was für eine Diskussion!

            Ethik, Moral… im ALLTAG der vielen ist es oft die Bequemlichkeit, die siegt. Aber wer macht dies oder jenes bequem und anderes unbequem?

            Gehe ich heute in einen Supermarkt, finde ich dort auf 15 Metern Kühlregal mit Milchprodukten genau 30 Zentimeter Regal, auf denen sich sechs vegane Produkte in drei Reihen (also auch hintereinander, dass man sie gar nicht sieht!) den Platz teilen. Und das beim “Veggi-freundlichen” Netto, der immerhin einige Basics wie Tofu, Soja-Milch, Soja-Reismilch und sogar Räuchertofu führt. Der Räuchertofu ist eines der sechs im allzu engen Regal, steht zusammen mit Veggi-Burgern in Soße und veganer Bolognaise – weil sie gar nicht auf dem Schirm haben, dass Räuchertofu für Veggies eine ganz andere Kategorie Nahrungsmittel ist als die angebotenen Fertiggerichte.

            Was ich damit sagen will: viele Menschen würden weit öfter die “ethisch korrektere” Entscheidung fällen, wenn das Angebot entsprechen wäre. Im Moment ist es noch mühsam und teuer, sich vegan zu ernähren – aber es wird besser und ich bin sicher, die Entwicklung wird ähnlich verlaufen wie mit “bio”! Mindestens…

  4. Sehr interessante Diskussion, die du da vom Zaun gebrochen hast, liebe Juna. 😉
    Ich kann eure Diskussion ob einer differenzierenden Ethik und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft nachvollziehen und begrüße es, wenn sich auf dieser abstrakten Ebene ein Konsenz bei Einzelthemen zwischen Fleischessern, Vegetariern und vegan lebenden abzeichnet.
    And now for the personal part: Auch ich habe bereits den Versuch gestartet, bei meiner Ernährung auf tote Tiere zu verzichten. Ausgewogen, auf die Bedürfnisse des Körpers achtend. Ich wurde fahrig, unausgeglichen, unbeherrscht, teils sehr leicht reizbar und schlief länger, aber weniger erholsam. Den Heißhunger auf fleischliches diffamierte ich mir selbst als anerzogenes Verhalten.
    Das naheliegende Ende ist leicht zu erraten. Ich esse wieder Fleisch. Und das in dem Bewusstsein, dass ich es nicht fertig brächte, in meinem jetzigen, ausgeglicheneren Zustand ein Tier (gleich welcher Gattung) zu töten, um es zu essen. Wie es sich damit verhalten würde, wenn ich wieder länger fleischlos gelebt hätte – gute Frage.
    Natürlich könnte ich jetzt auf die nachhaltige Bewirtschaftung hinweisen, deren Existenz mein Kriterium für die Auswahl meiner Bezugsquellen von totem Tier zum Zwecke der Ernährung darstellt. Aber was hilft es irgendjemandem oder den unterschiedlichen ethischen Einstellungen, ob die einmal in zwei Jahren angeschaffte Satte Rindfleisch den Rest ihrer bisherigen Existenz als ganzjährig hinter meinem Garten grasendes Herdentier verbrachte?
    Nichts.
    Die Unterschiedlichkeit der ethischen Bewertung von Fleischkonsum durch Menschen werden wir evolutionär wohl erst dann ein wenig angleichen können, wenn sich die Menschheit in ihrer Gänze bewusst wird, dass sie sich – hallo Matrix – wie ein Virus auf diesem Planeten verhält. Wenn eine kritische Menge an Menschen begreift, dass sie allein durch ihre expansive Fortpflanzung zur weiteren Verschlimmerung der Situation beiträgt. Und entsprechend handelt.
    (Die Empfindsamkeit von Pflanzen und den Widerspruch eines veganen Säugetiers werde ich an der Stelle kappen. Vielleicht Trigger ihr mich ja genug, dass ich mich dazu noch einmal hinreißen lasse, etwas ausführlicher zu werden. ;))

    • Kommentar des Beitrags-Autors

      Hallo, Steffen, schön, Dich hier zu lesen! Ich fange mit der Antwort hier an, weil ich den Eindruck habe, dass sich von hier aus eine Brücke ergibt zu Jans letztem Kommentar.

      Als wäre die Diskussion, die ich ausgehend von Privatspraches Post hier herüber entführt habe, nicht schon komplex genug, werft Ihr immer weitere Aspekte ein 😉 Ich versuche, zu sortieren:
      Zum Einen: Ja, die Physiognomie von Menschen ist sehr unterschiedlich. Die meisten Menschen der hochindustrialisierten Welt ernähren sich nicht ihrer eigenen Physiognomie entsprechend, was zahlreiche Krankheiten verursacht. Ein weiterer Faktor, der häufig angeführt wird, wenn es um die Vorteile vegan-vegetarischer Ernährung geht. Denn die Mangelerscheinungen und Folgeerkrankungen sind bei durchschnittlichem deutschen Fleischgenuss wesentlich höher und ebenfalls sehr gefährlich. Gut und wichtig für Dich, wenn Du im Selbstversuch festgestellt hast, dass Du auf der vegetarischen Ernährungsform “nicht funktionierst”. Das geht einigen so, und ist ebenfalls etwas, das wir nicht bewerten sollten. Der umgekehrte Fall allerdings – die Überernährung, das viel zu viel an tierischem Protein und seine negativen Folgen – ist viel häufiger. Ich finde es auch viel erwartet von den Menschen – und das ist es auch, denke ich, was Jan oben anspricht, – immer die bewusste, die “richtige” Entscheidung zu treffen, und wenn es nur für sich selbst sein sollte, wenn an jeder Ecke Verlockungen auf einen warten, denen man permanent widerstehen will, während doch andere … Ich nenne es, auf mich selbst bezogen, den Schokoladen-Muffin-Effekt. 😉 Eine Übungssache, Gewöhnung … so lange sich die Gesellschaft nicht wesentlich umstrukturiert, auf jeden Fall die Verantwortung jedes Einzelnen. Hier steht kein “leider” dahinter, denn, wie ich oben schon schrieb: Wenn die (deutsche) Mehrheit entscheiden würde, was ich essen soll, müsste ich auswandern. Das macht die Sache schwierig und in meinen Augen nicht moralisch bewertbar.

      Zum Anderen: Deinen persönlichen Ansatz dagegen würde ich in keinem Fall kleinreden. Wenn sich jeder Mensch einigermaßen bedarfsgerecht ernähren würde, und dabei aus eigenen ethischen Gründen Tierleid so gut es eben geht vermeidet, zum Beispiel durch artgerechte Haltung und schmerzarme Schlachtung, wenn dabei die unglaublichen Mengen an tierischen Produkten heruntergefahren werden … wie würde der Planet wohl aussehen? Um vieles besser. Das ethische Problem, aus dem Jan und viele andere heraus den gesamtgesellschaftlichen Schritt in Richtung Vegetarismus unterstützen und mit ihrem Verhalten fördern – er wird nicht für alle funktionieren. Aber es gibt viele, viele Zwischenschritte auf einem langen Weg. Momentan bin ich selbst zum Beispiel auf 3/4 Mandel- und 1/4 Kuhmilch, und ich werde mir sicher nicht einreden lassen, das sei “nichts wert”. Meinen Freundinnen empfehle ich in Backrezepten, nicht die angegebenen 6 Eier da reinzuwerfen, sondern mal mit Apfelmus als Substitut zu arbeiten. Auch das ist nicht “nichts”. Du hast schon Recht, wir sind die Pest dieses Planeten. Jede noch so kleine Umstellung ist ein Schritt in die Richtung, in die ich gerne möchte.

      Zu Deinem “Trigger”: Das Argument mit den empfindsamen Pflanzen ist ein sehr typisches Argument von Fleischessern, die ihre Ernährung moralisch bewerten, also eben nicht im Reinen damit sind. 😀 Ja, es gibt Experimente, dass auch Karotten ein rudimentäres Schmerzempfinden haben. Aber eine Karotte ist kein Schwein. Und ein Salat kein Huhn. Ich kann nicht sagen, was das Bewusstsein einer Karotte von “Leben” ist, aber ich brauche nicht viel Phantasie, um mir das Konzept eines Schweines von “Leben” vorzustellen.
      Die ethisch korrekte Ernährung, gibt es sie? Gibt es das ethisch korrekte Leben? Oder müssen wir akzeptieren, dass unser Leben an sich für Leid sorgt, und können dieses Leid lediglich begrenzen, auf ein erträgliches Maß? Hier sind wir in der philosophischen Yoga-Lehre angelangt: Die Lehre von der Gewaltfreiheit meint genau das: Füge der Umwelt nicht mehr Schaden zu als notwendig, und nimm von der Erde das, was Du brauchst. Möglichst nicht mehr. “Das, was Du brauchst” ist dabei so komplex, dass jede Unterhaltung über Moral und Ethik schnell an Grenzen stoßen muss, was man auch hier wieder sieht.

      Es ist wahnsinnig spannend zu sehen, wie innerhalb kürzester Zeit durch Eure Kommentare das ganze Ausmaß einer Debatte aufgefächert wird, die uns vermutlich noch eine ganze Weile beschäftigt. Zum Glück. So können wir lernen. Eine Art ethischen Konsens? Das klingt gut. Allerdings fürchte ich, dass auch hier die extremen Positionen in ihrem Verständnis füreinander doch sehr weit auseinanderliegen. Einem engagierten Tierrechtler zu vermitteln, er müsse Verständnis haben für das Töten von Tieren zu Nahrungszwecken ist genauso aussichtslos wie das Überreden-Wollen eines Menschen zu veganer Ernährung, der das Essen von Tieren für sein (gottgegebenes) Privileg hält. Dazwischen aber ist viel Raum, zum Beispiel im gemeinsamen Engagement gegen Massentierhaltung. Womit die Brücke vollständig wäre und ich in einer anderen Antwort weiterschreibe. 😉

      • Jan

        Jetzt wird es immer abgefahrener und verstrickter, was die Kommentare und Bezüge betrifft. Nachträglich blickt da doch keiner mehr durch, oder? 😀

        Gerade kommentiert und jetzt sehe ich in deiner weiteren Antwort wieder Anknüpfungspunkte, auch zu dem, was ich schon bei Privatsprache kommentiert habe.

        Dass Mangelernährung und Mangelerscheinungen eher ein Problem der tieressenden Menschen sind sehe ich schon dadurch bestätigt, dass der Markt an Nahrungsergänzungsmitteln und Vitaminpräparaten nicht erst mit Vegetariern und Veganern entstand und schon gar nicht allein nur durch diese so groß sein kann. Beim Mangel wird in der Regel nur an eine zu geringe Einnahme gedacht, aber dieser erfolgt auch durch erhöhten Bedarf und gestörter Aufnahme im Körper aufgrund falscher Ernährung.

        Dass allein die Aussage sich vegetarisch zu ernähren nicht bedeutet nun vollständig gesund zu sein, ist genauso wenig der Fall wie alle Fleischesser gesund sind und weswegen es auch das Phänomen des Puddingveganers gibt. Der gesundheitliche Aspekte bei diesem Lebenswandel ist für die meisten nur nebensächlich und wir (anfangs) weniger beachtet.

        Wir kommen zusätzlich in eine Situation, in der wir uns plötzlich eine Menge Wissen und Verantwortung aneigenen müssen, da ja die Norm lehrt, dass eine sogenannte ausgewogene Ernährung alles enthält, was irgendwie schmackhaft zubereitet werden könne.

        Ich will noch einmal behaupten, dass die Mehrheit bestimmt, was du isst, du es aber nicht als solches wahrnimmt, weil es für deine Auswahl und dein Empfinden keine Einschränkung ist. Ich bringe da auch gerne an, dass du mit der Entscheidung bestimmte Gerichte und Produkte essen zu wollen, auch hinnehmen musst, dass sie allerlei tierisches enthalten. Es ist zwar eine etwas abgeschwächte Ebene, aber im deutschen Lebensmittelalltag wird in hohem Maße der Verzehr von tierischen Produkten vorgeschrieben, versteckt und ohne Notwendigkeit.

        Von der Alleine-kann-ich-eh-nichts-ändern-Mentalität sollten wir in allen Belangen Abstand nehmen. Gerade im Bereich Vegetarismus lässt es sich gut verdeutlichen, wenn wir heranziehen, dass jeder Deutsche im Laufe seines Lebens angeblich über 1000 Tiere esse, zuzüglich Meeresfrüchte und anderes Kleingetier. Je weniger Billigprodukte gekauft werden, umso teurer werden sie.

        Es ist außerdem nicht so leicht begreiflich zu machen, aber wir entscheiden ja alle jedes Mal aufs neue, ob wir etwas ändern oder ob wir den Zustand beibehalten. Wir haben also einen Effekt und im ungünstigen Fall ändert sich dann das sich nichts ändert.

        Virus, Pest… das bringt uns nicht weiter. Denn wären wir dies, dann könnten wir uns hier nicht Gedanken darüber machen, ob und wie wir auf unsere Umwelt reagieren wollen. Wir machen viel Unheilvolles, aber wir wachsen auch daraus. Hoher Preis, schmerzhafter Weg, aber lehrreich. Wir sind nicht grundsätzlich schlecht und böse, wir verfallen nur zu gern in Zustände und Umstände, in denen wir nicht ganz bei Sinnen sind.

        Der Trigger sagt immer mehr über den Nutzer aus als über den, der ihn verwendet. Ich wäre nicht drauf eingegangen, aber nun ist die Arena eröffnet 😀

        Erstens ist das eins von den Argumenten, die nicht für das Fleischessen sprechen sollen, sondern dem Idealismus der anderen Seite einen Kratzer verpassen. Zweitens hat es für die Entscheidungsfindung des Fleischessers überhaupt keine Bedeutung. Er glaubt selber nicht wirklich daran und hat ja schon keine Bedenken Schweine, die Hunde in vielen Kriterien übertrumpfen, zu zerlegen. Drittens erhöht der Fleischkonsum auch das Töten von Pflanzen um ein vielfaches, durch Verfütterung oder Rodung, wäre letztendlich also auch eins für den Veganer, der das Leid möglichst klein halten will. Viertens… ach, das reicht erst einmal.

        Ich finde, dass jeder nur die Punkte in eine Argumentation einbringen sollte, die für ihn auch selber von Bedeutung und entscheidend sind. Dieses ständige Hakenschlagen oder Hüpfen von einem sinkenden Schiff zum nächsten ist Beschäftigungstherapie aber keine Diskursführung. Eine Auseinandersetzung sollte geführt werden um gemeinsam zu gewinnen und nicht alleine zu siegen.

        Die ethisch korrekte Ernährung gibt es. Sie ist aber artspezifisch. Es gibt Veganer, die dafür wären Tiger zu veganisieren. Ich finde aber, dass sich ein Raubtier natürlich verhält und damit seiner Ethik folgt. Genauso halte ich es für ethisch vertrettbar Insekten, Schnecken oder ähnliches Kleingetier zu essen, wenn ich es in meinem Salat nicht entdeckt habe oder die Made in der Kirsche. Das gehört für mich zu den natürlichen Abläufen dazu. Für mich steckt also im Begriff Veganismus, übertragen auf alle Lebewesen, das natürliche Verhalten um an die jeweils optimale/geeignete Nahrung zu gelangen und Behausungen zu bauen, für die auch die ein oder andere Pflanze dran glauben muss. Allein schon die unterschiedlichen Dimensionen führen dazu, dass auch friedliches Leben Kollateralschäden verursacht. Der durch die Steppe rennende Elefant oder ich im Gras liegend, beide zerdrücken irgendwas irreparabel, weil wir leben.

        Wir haben aber unser Leben so komplex gestaltet und Bedürfnisse geschaffen, die nicht nur die Kollateralschäden erhöhen, sondern auch mehr und mehr Schäden bewusst in Kauf nehmen. Und bevor der Geh-doch-zurück-in-die-Höhle-Ruf erfolgt: es gibt eine Menge Zwischenraum zwischen einem wilden, natürlichen Leben und der exzessiven Industralisierung.

        Wir gehen eben vor wie in der großen Politik. Jeder kommt mit hohen Ansprüchen und Forderung und so besteht die Hoffnung, dass wenigesten überhaupt Einigkeiten bei herausfallen.

        Mir fällt es schwer zwei gleichwertige Gegenspieler in dieser Debatte zu sehen. Nach dem Motto “beide haben ein bisschen recht und jeder gibt ein bisschen nach” oder “ihr macht das nicht mehr und dafür machen wir das”. Wir haben hier doch eher so etwas wie einen System- oder Generationswechsel. Es gab schon immer den ein oder anderen Veganer und Vegetarier, aber unsere Fleischfresserei hat dafür gesorgt, dass sich die Bewegung so ausgeweitet hat und sich daran macht das bestehende Weltbild durch ein anderes, bestrebt besseres zu ersetzen. Tschaka!

        • Kommentar des Beitrags-Autors

          Hoffe, ich habe jetzt den richtigen (doppelten) Kommentar gelöscht 😀
          Nur ganz kurz, ich muss da morgen weiterdenken: Ich habe vorhin auch die Diskussion bei Privatsprache noch einmal nachgelesen, da ist sie strukturierter 😉 Aber auf der anderen Seite entspricht das, was Ihr hier macht bzw. wir hier diskutieren, der Komplexität des Themas.
          Volle Zustimmung zu ganz vielen Punkten! Und den Rest vermutlich morgen.
          Außerdem werde ich mal das, was Du vorschlägst, aufgreifen und eine Art Diskussionsfaden oben einfügen. Für die Lesefreundlichkeit.

    • Jan

      Es ist im Prinzip unsinnig auf deine Versuche fleischfrei zu leben an dieser Stelle im großen Umfang einzugehen, da wir dazu ja auch die Umstände und Details wissen müssten. Ernährung macht einen großen Teil unserer Gesundheit und unseres Befindens aus, aber eben nicht alles. Meine Theorie bleibt, dass ein veganes Leben nicht zwangsläufig gesund ist, aber ein gesundes Leben vegan. Die Arten und Weisen die eigene Ernährungsweisen zuverändern sind so zahlreich wie die Menschen selber und wenn du den für dich ausreichenden Antrieb hast, wirst du vielleicht einen passenden Weg finden.

      Es gibt viele Zwischenstufen wie Biofleisch, Reduzierung des Konsums, Verschärfung der gesamten Herstellungsregeln, die langfristig den Zustand schon in eine gewisse Richtung verändern. Manchmal scheint es nur in kleinen Schritten zu gehen. Ich finde es immer schöner, wenn wir uns von uns aus in Bewegung setzen statt von außen dazu getrieben werden. Gleichzeitig finde ich die Wartezeit oft verschwendet und kann einem zweckheiligenden Mittel etwas abgewinnen. Beispiel Nichtraucherschutz.

  5. Anita

    Zitat: “Wenn sich jeder Mensch einigermaßen bedarfsgerecht ernähren würde, und dabei aus eigenen ethischen Gründen Tierleid so gut es eben geht vermeidet, zum Beispiel durch artgerechte Haltung und schmerzarme Schlachtung, wenn dabei die unglaublichen Mengen an tierischen Produkten heruntergefahren werden … wie würde der Planet wohl aussehen? Um vieles besser. ”

    Dies würde ich gerne erweitern.

    Dies gilt auch für die Produktion jeglicher pflanzlicher Produkte, die man für die Ernährung braucht.

    In Sachen Ethik bräuchte es weniger “Hardliner” wenn sich jeder, für sich persönlich, die Mühe macht, achtsam mit allem, was die Natur zu bieten hat, umzugehen. Über das philosophieren hinaus.

    Die Entfernung der Menschen, zu dem was Natur wirklich bedeutet, hat mitzuverantworten, dass der Respekt davor entweder

    – idealisiert – mystifiziert
    oder
    bagatellisiert – materialisiert

    wird.

    Ein “Zwischending” scheint nicht mehr gangbar zu sein.

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