Gestern beim Abendessen lachte mich eine Werbeanzeige auf unserer Knäckebrotpackung an. Heute morgen beim Frühstück erneut. Und dann, beim Mittagessen … nunja, Ihr ahnt es.
Wir sind momentan stolze Besitzer einer überaus leckeren Packung Wasa-Knäckebrot „Roggen dünn“. Diese Packungen haben bei uns keine lange Lebensdauer, weshalb es schon etwas erstaunlich ist, dass die Werbeaktion auf der Rückseite es in mein Bewusstsein geschafft hat. Ich habe da eine Vermutung, aber dazu später mehr. Die Werbeaktion also:
GRATIS*
FRÜHSTÜCKSBRETTCHEN
im Wert von 19,99 EUR zum
Selbstgestalten! Nur für kurze Zeit!
„Zum Selbstgestalten“ heißt in diesem Fall, dass man aus vier Knäckebrot-Designs das am wenigsten Scheußliche auswählen und den eigenen Namen draufdrucken lassen kann. Großartig, oder?
Ihr seid nun herzlich eingeladen, meinem geneigten Blick durch Werbeanzeige und Kleingedrucktes zu folgen.
Unter dem Coupon der in Zusammenarbeit mit Poster XXL initiierten Aktion eine Liste. Titel: „So geht´s:“ Dieser Liste kann der Interessent Folgendes entnehmen:
Zunächst: So ganz gratis sind die Brettchen nicht, wie vielleicht das Sternchen in der Überschrift bereits andeutet. Denn der Interessent schickt dafür Coupons von zwei Aktionspackungen ein. Die Packungen kosten je nach Supermarkt durchschnittlich 89 cent (für 17 Scheiben derzeit). Das ist nicht ganz doppelt so teuer wie das Aldi-Knäckebrot. Ist aber auch echt lecker, deshalb berechnen wir nun ganz fair nur 25 cent pro Packung für den Markennamen. Also 50 cent Kosten bisher.
Die Coupons schneidet der Interessent aus und tütet sie ein. Ich berechne einen handelsüblichen Umschlag Din C 6 für den mittleren Preis von 4 cent, dazu Porto 60 cent und ein Schreiben, das wir, um Geld zu sparen, handschriftlich aufsetzen, 2 cent.
Auf diesem Schreiben notiert der immer noch schwer motivierte Interessent alle seine personenbezogenen Daten inkl. E-mail. Warum? Steht auf der Packung: Der Aktionscode zum Individualisieren wird per Mail verschickt. Die Adresse braucht Wasa natürlich auch, schließlich muss das hochwertige Frühstücksbrettchen im Wert von 19,99 Euro irgendwie an die Frau gebracht werden. Moment mal: DAS Frühstücksbrettchen?
Genau! Was ich beim ersten Durchlesen (und auch beim zweiten) völlig übersah: Es gibt selbstverständlich für zwei Aktionscoupons immer nur eines! Habe ich dann auch irgendwie eingesehen. Allein: Der Wert von 19,99 für ein kleines Frühstücksbrettchen scheint mir … also, sagen wir, auch beim Marketing von Wasa säuft man wohl neuerdings Lack.
So. Weiter. Arbeitszeit berechnen wir nicht, denn es gibt schließlich was umsonst, und dafür darf man sich dann auch ruhig mal anstrengen. Wir erhalten nach postalischem Versand von Brief, Anschrift, E-mail und Coupons mit Fingerabdrücken darauf (wer wird denn jetzt paranoid werden?) den Aktionscode per Mailadresse. Ich erwähne jetzt mal nicht, wie viel Geld Mail- UND postalische Adresse in EINEM Datensatz wert sind, sonst flippt hier noch jemand aus 😉 Wir gehen auf die Seite, geben den Aktionscode ein, können „unser Lieblingsmotiv“ aussuchen und unseren Text eingeben. Danach müssen wir lediglich noch die läppische Summe von 4,99 Euro reduzierter Versandkosten überweisen, und schon ist das Schneidebrettchen unser!
Was bekommen wir für unser Geld?
Der durch das Prozedere leicht ermüdete, aber immer noch enthusiastische Interessent erhält ein Glasschneidebrettchen mit Knäckebrot-Fotodruck, auf dem in weißen Lettern der Vorname oder ein anderer sehr kurzer Text prangt. Links unten befinden sich Logo und Name der Firma Wasa. Bezahlt hat der Interessent dafür 6,15 Euro, zuzüglich seines kompletten Datensatzes inkl. einer Voranalyse seines Kaufverhaltens, die ich Euch hier gratis mitliefere.
Der Interessent, umrissen in kurzen Ich-Botschaften:
- mir ist der Preis egal, Hauptsache Marke!
- ich lasse mich von Werbung in Capslock mit dem Wort „Gratis“ zu jedem Scheiß breitschlagen
- ich habe keine Ahnung um den Wert meiner personenbezogenen Daten.
Das Ganze kann man natürlich auch krasser formulieren:
- Ich bin nicht besonders schlau, habe aber durchaus Geld.
Nun schlage ich mich auf die Seite des Unternehmens und frohlocke. Die ganze Aktion hat nämlich einen un-schätz-baren WERT!!! Als CEO höre ich anhaltend das melodiöse Ratschen einer Kreditkarte. Fraglich allerdings, weshalb nicht noch werbewirksam auf die idiotischen Versandkosten verzichtet wurde. Mit mir als CEO müsste für diesen Faux-Pas jemand seinen Hut nehmen.
6,15 Euro, den kompletten Datensatz und ca. eine halbe Stunde Lebenszeit insgesamt. Das alles, um nun jeden Morgen eine nicht so wahnsinnig subtile Wasa-Werbung anschauen zu dürfen. Wahlweise mit eigenem Namen.
Das im Übrigen ist die Auflösung der Vermutung, warum ich die Werbung überhaupt beachtete: Sie warben mit meinem Vornamen. Diese Hunde!
Meine Empfehlung: Ihr Süßen, kauft das nicht!
Anita
😆 😆 😆
und auch sonst nichts, was mit Rabattmärkchen so günstig zu haben scheint!! 💡
Kennst Du schon den Menschen, der aktiv bei den “Umsonst – Duden – Schülerbüchern” konsequent alles durchstreicht, wo man mich irgendwie erreichen will?? Riiiiiiiichtig ICH!
Oder ich verweiger den Mist einfach so!
Ebenso gilt es für Vergleichsrechner, die immer eine Adresse haben wollen. Wegklicken ist der beste Rat!
Ich brauche weder Post noch Emails. Ich brauche übrigens auch kein Payback!
Ich fühl mich kontrolliert genug und ich möchte absolut nicht, dass mein Kaufverhalten werbe- und (schlimmer geht immer) marktwirksam betrachtet wird. Es soll ja dann das Sortiment “meiner” Märkte auf “meine Wünsche” abgestimmt werden. Welch toller Traum. Ein Alptraum wäre die vernünftige Argumentation.
Hattest Du mein Mail bekommen?
LG Anita
junebug
<3, einfach nur <3! Und: Nein, hast Du sie an die gmail geschickt, wie beim letzten Mal? Da hat es nämlich gut funktioniert!
Rainer König
Grandios!!! Aber ich hätte eine Alternative: Von Tupper gibt es eine Knäckbrot-Schachtel in die Du das Knäckebrot nach dem Auspacken umfüllst. Dann kannst Du die Werbeverpackung von Wasa entsorgen und hast das neutrale Plastik von Tupper auf dem Frühstückstisch stehen. 🙂
Und der Dilbert von gestern passt hier als Erklärung, warum so viele auf diesen Mist reinfallen. 🙂
Ich frühstücke übrigens mit Teller, ich will nicht schon am frühen Morgen ein Brett vor dem Kopf haben. 🙂
junebug
Tupper! Wieso bin ich da nicht drauf gekommen! 😀
DerBerberich
Wenn ich so ein Brettchen hätte (für einen solchen Schnäppchen-Preis!) bestünde bei mir morgens die Gefahr, dass ich dieses mit Marmelade beschmiere und kräftig zubeiße.
Aber ist Tupper wirklich besser? Ich bin eher für umweltfreundliches, unbehandeltes, natülichen Packpapier, das immer gleich gefaltet wiederverwendet wird 😉
Danke für den Post!
junebug
Danke für Deinen Kommentar! Tupper ist selbstverständlich nur dann besser als Papier, wenn Du die Knäckebrot-Box GRATIS* bekommst. (*für nur zwei Aktionscoupons, alle Deine Daten und die reduzierte Tupper-Bearbeitungsgebühr von 14,99 Euro) 😀
Anita
Och, besagte Firma (Knäckebrot) hatte aber schon mal Metall-Dosen, die man gut nutzen kann (sie sind dicht) und gut reinigen kann. Damit ist dann die Müllproduktion auch vermindert 😉 Die gab es direkt beim Kauf des Produktes. Mal abgesehen davon, dass ein Glasbrettchen bei mir kaum eine Überlebenschance hat.
OT: Jetzt muss ich mal schauen, dass ich den Text wieder beieinander bekomme, ich hatte die Kommentarfunktion im Impressum genutzt. Mein Hirn “läuft zwischenzeitlich leider nur auf Notstrom,” an dem Tag besonders. /)
Liebe Grüße
Anita